SOZIALDIALOG

DIALOG

Stadt der Fehler: Wie Rückkehrer Athen verändern wollen

Holger Lühmann

Seit der Wirtschaftskrise haben viele Griechen ihr Land verlassen. Manche von ihnen kehren nun zurück. Doch wenn sie nach Athen kommen, erkennen sie die Stadt kaum wieder – erleben ein gefühlloses, dreckiges, lautes Athen. So soll es nicht bleiben.

Die Jungen Kreativen kennen ihr Athen als Stadt der Fehler: Knapp vier Jahre Wirtschaftskrise haben tiefe Spuren hinterlassen: Häuser stehen leer, vielerorts sieht man Müll und streunende Tiere. City of Errors – so nennen sich auch die 15 Rückkehrer, die sich in einem Netzwerk zusammengeschlossen haben. Künstler, Journalisten, Psychologen. Ihr Ziel: auf Missstände in der Nachbarschaft aufmerksam machen – mit Twitter, Facebook, Instagramm. „Jeder Fehler in der Stadt wird von uns auf Video dokumentiert und über soziale Netzwerke bekannt gemacht“, sagt Marianna Christofi, die als Webdesignerin für eine Kultureinrichtung arbeitet und sich ehrenamtlich bei City of Errors einbringt. Fehler wie kaputte Straßen oder zerstörte Häuser, aber auch soziale Ausgrenzung und Diskriminierung. „Wir zeigen Lösungsansätze auf und wollen so ein besseres Miteinander unter den Bürgern der Stadt erreichen.“

Auch Christofi will helfen – als die 32 Jahre alte Frau von ihrem Studium in London nach Athen zurückkam, erkannte sie ihre Stadt kaum wieder. „Ich hatte das relativ geordnete England erlebt, weshalb mir die negativen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise in Griechenland umso deutlicher ins Auge gefallen sind: Armut, Zerstörungen und soziale Kälte sind allgegenwärtig.“ Die Gruppe sammelt Spenden für eine mobile Suppenküche, oder auch um streunende Katzen kastrieren zu lassen. Sie porträtiert Feuerwehrleute, Streetworker und Umweltschützer. Und Anfang 2014 soll die Handy-App von City of Errors fertig werden – mit ihr können die Bürger Athens Fehler melden, Dinge die ihnen in der Stadt negativ auffallen.

 

 

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Ab 2014 soll man Fehler per App melden können.

 

Das Netzwerk City of Errors dagegen ist Dimitris Kokkinakis aufgefallen, und zwar ganz positiv. Es sei eine beispielhafte Erfolgsgeschichte des jungen Griechenlands. Kokkinakis berät Unternehmer auf dem Weg in die Selbständigkeit. Mit seinem nichtkommerziellen Ansatz sei City of Errors jedoch kein klassisches Start-up-Projekt. Aber mit genügend Spendern könnte es sich irgendwann von selber tragen. Kokkinakis hat die Gründer von City of Errors von Beginn an zu ihrem Vorhaben ermutigt. Rückkehrer haben für ihn einen entscheidenden beruflichen Vorteil: „Sie können nicht nur ihre Netzwerke im Ausland nutzen. Sie bringen auch Erfahrungen aus verschiedenen Arbeits- und Lebensbereichen in einer anderen Kultur mit. Sie haben viel gesehen, sind weit gereist. Das macht sie entschlossener, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen.”

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Engagiert für Gemeinsinn und Mitmenschlichkeit: Marianna Christofi, City of Errors

 

Rückkehrer sind noch immer eine kleine Gruppe. Diejenigen, die wegen der Wirtschaftskrise ausgewandert waren, haben oft Sorge davor, wieder dauerhaft in Griechenland zu leben. Marianna Christofi hat dafür Verständnis: „Wenn sie überhaupt eine Arbeit finden, ist sie oftmals schlecht bezahlt.“ Erst im September 2013 hat die Arbeitslosequote in Griechenland einen neuen Höchststand erreicht. Fast 30 Prozent der Einwohner des Landes sind ohne Job. Bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt die Quote sogar mehr als doppelt so hoch.

An der desaströsen wirtschaftlichen Lage können die Aktivisten von City of Errors wenig ändern. Aber sie können die moralische Krise überwinden. Sie zeigen mit ihrer ehrenamtlichen Initiative, dass Bürgerinnen und Bürger auch bei staatlichen Kürzungen im Sozialbereich das Land mit Mitmenschlichkeit und Gemeinsinn voranbringen können.

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